Orff-Jahrbuch

Vom sog. Orff-Jahrbuch, dem Jahrbuch des Orff-Instituts in Salzburg, sind drei Bände 1962, 1964 und 1969 erschienen. Dieses Jahrbuch hatte die Aufgabe, die geistigen Grundlagen des 1961 in Salzburg gegründeten, seit 1963 im eigenen Haus arbeitenden Orff-Instituts zu dokumentieren und zu reflektieren. Eigentlich treffen die Bezeichnungen „Orff-Jahrbuch“ und „Orff-Institut“ den Sachverhalt nicht genau, denn die Inhalte beziehen sich ausschließlich auf das Orff-Schulwerk. Für sein kompositorisches Werk hat Orff in Zusammenarbeit mit mehreren Experten die Dokumentation „Carl Orff und sein Werk“ in sieben Bänden geschaffen (> Orff-Dokumentation).

Der erste Band des Orff-Jahrbuchs enthält eine Art Gründungsakte des Orff-Instituts (Orff-Institut 1963, 74-79), nämlich den Bericht „Eröffnung und Arbeitsplan des Orff-Instituts am ‚Mozarteum‘ Salzburg“ mit Angaben zu den ersten Lehrkräften im Herbst 1961 und zum erweiterten Lehrkörper im Oktober 1962. Außerdem ist die Gründung der Gesellschaft „Förderer des Orff-Schulwerks“ und die Gründung der deutschen Sektion der Gesellschaft „Förderer des Orff-Schulwerks“ mit prominenten Mitgliedern im Vorstand wie Ernst von Siemens, Thrasybulos Georgiades und Ferdinand Leitner dokumentiert. 1973 wurde diese Gesellschaft in „Orff-Schulwerk-Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland e.V.“ geändert, die bis heute (2023) unter dem Namen „Orff-Schulwerk-Gesellschaft Deutschland e.V.“ besteht.

Der Inhalt des ersten Bandes bringt folgende Themenbereiche:

– Pädagogische Grundlegung des Orff-Schulwerks (Eberhard Preußner, Werner Thomas)

– Theoretische Bestimmung der Termini > Elementarer Tanz (Dorothee Günther) und > Elementare Musik (Wilhelm Keller)

– Historischer Rückblick auf den Bau der ersten Stabspiele durch Karl Maendler in München und die ersten Schulwerk-Sendungen im Bayerischen > Rundfunk.

– Medizinische und heilpädagogische Aspekte des Schulwerks und seiner Anwendung (Claus Thomas, Karl Hofmarksrichter).

Den zweiten Band eröffnet Orffs bekannter Aufsatz „Das Schulwerk – Rückblick und Ausblick“ mit seiner vielzitierten Definition der > Elementaren Musik. Weitere Aufsätze bringen eine pädagogische Theorie des Schulwerks (Josef Derbolav, Eberhard Peussner), Gedanken zur Schulpraxis (Werner Thomas, Claus Thomas), Berichte über Kinderlieder in den USA und in Japan sowie einen Bericht über die Anwendung des Schulwerks bei der Therapie hirngeschädigter Kinder (> Orff-Musiktherapie). Außerdem dokumentiert der Band die umfangreiche Kurstätigkeit des Orff-Instituts im Ausland (Brasilien, Kanada, England, Japan, Portugal, USA und Uruguay). Am Schluss steht der Bericht über die „Hausübergabe und Einweihung des Orff-Instituts am Freitag 25. Oktober 1963“, ein Meilenstein in der Geschichte des Schulwerks mit Orffs „Ansprache bei der Hausübergabe“.

Der umfangreiche dritte Band behandelt acht Teilgebiete:

  1. „Klassische Texte zur geistigen Grundlegung des Orff-Schulwerks“ von Johann Gottfried Herder, Friedrich Schiller, Johann Wolfgang Goethe und den Brüdern Grimm.
  2. „Neuere Texte zur Deutung der ‚Einfachen Formen‘ der Sprache“ zu Rätsel, Sprichworten und zum Märchen von André Jolles, Georg Baesecke, Archer Taylor und Max Lüthi.
  3. Texte „Zum Bild der Erziehung im Sinne des Orff-Schulwerks“ von den Philosophen Martin Buber und Romano Guardini, den Pädagogen Eduard Spranger und Otto Friedrich Bollnow, dem Altphilologen Walter F. Otto, den Entwicklungspsychologen Clara und William Stern und dem Sprachforscher Luigi Santucci.
  4. „Gemischte Beiträge“ von Werner Thomas, Wolfgang Roscher und Claus Thomas, Gabor Friss, Felix Hoerburger, J. H. Kwabena Nketia und Adriana Aba Hayford.
  5. Biographische Aufsätze, darunter die Laudatio des Wagner-Enkels und Regisseurs Wieland Wagner auf Carl Orff zum 70. Geburtstag.
  6. Berichte über die vielfältigen Aktivitäten des Orff-Instituts, darunter die wichtige „Chronik des Orff-Instituts 1964-1968“, sowie Berichte über das Schulwerk in Hörfunk und Fernsehen, die ersten Orff-Modellschulen und das bedeutsame > Bellflower-Projekt (Köllinger 2018).
  7. Dokumentation des „Memorandum: Forderung nach Einführung elementaren Musikunterrichts in Kindergärten und Volksschulen in Deutschland“ (1965) und die „Denkschrift über die Einrichtung von Modellklassen mit erweitertem Musikunterricht an Volksschulen“ (1966). Vgl. zu diesen bedeutenden kulturpolitischen Aktivitäten Orffs Gaul 2009, 87ff.
  8. Buchbesprechungen

 

Literaturhinweise:

 

Gaul, Magnus: Musikunterricht aus Schülersicht. Eine empirische Studie n Grundschulen. Mainz 2009

Köllinger, Sibylle: Gertrud Orff-Willert. Das musikpädagogische und musiktherapeutische Werk. Mainz 2018

Orff, Carl u.a.: Carl Orff und sein Werk. Dokumentaion. 7 Bde. Tutzing 1975ff.

Orff-Institut an der Akademie „Mozarteum“ Salzburg (Hg.): Jahrbuch 1962, herausgegeben im Auftrag des Orff-Instituts von Werner Thomas und Willibald Götze. Mainz 1963 (mit Schallplatte)

Orff-Institut an der Akademie „Mozarteum“ Salzburg (Hg.): Jahrbuch 1963. herausgegeben im Auftrag des Orff-Instituts von Werner Thomas und Willibald Götze. Mainz 1964 (mit Schallplatte)

Orff-Institut an der Akademie „Mozarteum“ Salzburg (Hg.): Jahrbuch III, 1964-1968. herausgegeben im Auftrag des Orff-Instituts von Werner Thomas und Willibald Götze. Mainz 1969

Regner Hermann/Alliger, Karl (Hg.): 25 Jahre Orff-Schulwerkgesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland. Lochham bei München 1987 (= Musik + Tanz + Erziehung Heft 25)

 

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