Instrumentenselbstbau

Orffs Gedanke, dass der Spieler der Elementaren Musik fähig sein sollte, sein Instrument auch selbst zu bauen, geht auf musikethnologische Aspekte zurück, die ihm durch den Musikanthropologen Curt Sachs (Weinbuch 2010, 54ff.) vermittelt wurden. Orff fordert für die Improvisation in der > Elementaren Musikübung ein enges „Verbundensein mit dem Instrument“ (Orff 1932/33, zit. Kugler 2002, 191), wie man es in den sog. primitiven Kulturen (> Primitive Musik) findet, wo der Musiker „nicht nur der Instrumentenspieler, sondern auch sein eigener Instrumentenbauer“ (ebd.) ist. Einen gewissen Einfluss hatte wohl auch die Bauhausbewegung, die in ihrer Werkidee einen engen Bezug des Künstlers zu Qualitäten des Materials und zum Sinn des von ihm gestalteten Gegenstands forderte. In Orffs Konzept der Elementaren Musik sollte der Instrumentalist im Sinne dieser Werkidee durch die Beschäftigung mit dem Material eine sinnenhafte Beziehung zum Instrument aufbauen (Kugler 2002, 191f.).

Der Selbstbau von kleinen Perkussionsinstrumenten wie Rasseln und Rollschellen war in der Günther-Schule schon in den Anfängen üblich (Orff 1976, 18), denn man benötigte Klangerzeuger, die sich in der tänzerischen Bewegung mitführen lassen. Um 1930 gründete Gunild Keetman eine Werkstatt, in der kleine Perkussionsinstrumente, Fellinstrumente, Xylophone und Blockflöten gebaut wurden. Ein Foto von 1933 zeigt Keetman mit zwei Schülerinnen bei der Arbeit (Kugler 2002, 267). Orff plante dann für seine Publikationsreihe > „Elementare Musikübung“ eine Arbeitsanleitung zum Eigenbau von elementaren Instrumenten. Er lud Ludwig Hirschfeld-Mack vom Bauhaus ein, an der Zweigstelle der Günther-Schule in Berlin Unterricht im Instrumentenbau zu geben. Das Ergebnis dieser Arbeit sollte in der Publikationsreihe > „Elementare Musikübung“ als Heft mit dem Titel „Bastelbuch“ veröffentlicht werden (Twittenhoff 1935, 24). Dieses Heft ist nicht erschienen, was auf die Emigration von Hirschfeld-Mack 1936 nach England und auf die Einstellung der Publikationsreihe beim Schott-Verlag zurückzuführen ist.

Von Keetman und von Schülerinnen selbst gebaute Instrumente sind im Foyer des Orff-Instituts Salzburg in einem Glasschrank ausgestellt.

 

 

Literaturhinweise:

 

Kugler, Michael (Hg.): Elementarer Tanz – Elementare Musik. Die Günther-Schule München 1924 bis 1944. Mainz 2002

Orff, Carl: Schulwerk. Elementare Musik. Tutzing 1976 (Carl Orff und sein Werk. Dokumentation Bd. 3)

Orff, Carl: Elementare Musikübung, Improvisation und Laienschulung (1932/33), in: Kugler 2002, 183-192

Twittenhoff, Wilhelm: Einführung in Grundlagen und Aufbau. Orff-Schulwerk. Mainz 1935

Wick   1932

Weinbuch, Isabel: Das musikalische Denken und Schaffen Carl Orffs. Ethnologische und enterkulturelle Perspektiven. Mainz 2010

 

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